Als leidenschaftliche tief verwurzelte Mecklenburger Heimatforscherin bin ich nicht nur „Sammler“ sondern schreibe schon seit Jahrzehnten viele Begebenheiten auf, denn nicht nur das Sprechen, sondern auch Lesen und Schreiben ist mir geläufig. So konnten inzwischen geschriebene Anekdoten in verschiedenen Büchern veröffentlicht werden. Ich schreibe über Natur, das Zusammenleben von Menschen und Alltagsgeschichten aus der DDR-Zeit auf.
Bei der Großmutter aufgewachsen, war ich vom Plattdeutschen tagtäglich umgeben, obwohl Großmutter mit uns Kindern hochdeutsch sprach.
Diese Mundart ist mir trotzdem von Kindesbeinen an bekannt. Immer wieder sprach ich auch in jungen Jahren gerne wenigstens ein paar Sätze auf niederdeutsch, kann man mit ihr doch auch einmal herbere Aussagen treffen, die im Hochdeutschen als unmöglich erscheinen würden. Selbst meine Kinder verstehen dadurch diese originelle Mundart.
Inzwischen formuliere ich selbst einige kleine Episoden auf plattdeutsch. Sie erzählen aus „alten“ Zeiten aber auch aus dem Jetzt. Als Ur-Mecklenburgerin nähte ich mir gar eine Tracht.
Natürlich lese ich gern auch niederdeutsche Geschichten anderer Verfasser vor. Die Gestaltung einer Stunde ist mir gut möglich. Sprechen, lesen und sogar das Schreiben von Anekdoten auf Platt sind mir also geläufig.
Gerne rezitiere ich Ihnen daraus und gestalte Ihnen damit einen schönen Nachmittag oder Abend.
Seien Sie mutig und ordern auch einmal einen unbekannten Verfasser - lassen Sie sich so in eine andere Welt ziehen, die ebenso ihre Reize besaß.
Güritz
Güritz, du büst de Uurt,
in dem ik miene Kinderjohr verlewt häv,
ein Uurt twischen Grabow Ellna und Lulu.
Müt dei Eld bün ik grot wohrn.
In dee Eld häv ik swemmen lihrt.
Und mannigmal uk bi de Schlüs stahn
und biet dörchschippern taukäken.
Uk de Schippers tauwunken.
In Güritz bün ik de iersten twei Johr
tau Schaul gahn.
Güritz, wecker kennt Güritz?
Nich väl!
Ik stell juuch denn Uurt mal vör.
Güritz is ein lütt Dörp.
Wie hem oll un nie Güritz.
De Hüser in oll Güritz stahn all wiet uteinanner.
Blot de vier Hüslergehöfte stahn dichter tohop.
Wo ik henn kiek, sei ik Wald.
Na Grabow förten wi ümmer an´n Kanal lang.
Wulln wi na Ellna, müssten wi uk dörch denn Wald.
In` Sommer würd´n Bickbeern plückt.
De wussen bi uns fast vör de Dör.
Morgens plückt und merrachs äten.
As dicken Ries müt Bickbeern.
De olle Damm,
dei uns denn` Weg dull verkört het,
wenn ik to`n Konsum wull orrer
wenn ik to`n Bus wull orrer
wenn ik müt denn Toch von` Uhlenkraug
tor Stadt na Lulu wull.
De olle Damm
bewussen tor rechten und linken Siet müt siene schöne Hecken.
Jedet Johr häv ik dor Brummelbeern plückt.
Spärer gävt dann olln Damm nich mihr.
De Hecken würd´n rutmakt und de Wech tauplögt.
Noch hüt stah ik männigmal am Finster
Und denk an mien olln Damm,
de gra up mien Hus stöt
und denk an een Stück verlorn´gane Heimat.
(1996)
Kinnerjohr
Dor wer dat olle Hus.
Und de olle Fru.
De Bockoben am olln Grabower Weg,
wer fast tosommen full`n.
As Kinner hemm`wie dor spält.
Dat lütt Dörp
Dat lütt Dörp?
So`n lütt Dörp?
Ja.
Dit lütt Dörp is mien lütt Dörp,
miene Heimat.
Dei poor Hüser und
dei poor Minschen.
Dor kennt man nich blot dann Namen.
Nee,
dei kennt man.
Elke Ferner 17.08.2003
Kinderjahre
Das alte Haus und die alte Frau.
Sie gehörten zusammen.
Ein kleines Dorf mit den wenigen Leuten,
man kannte sie alle.
Die duftenden Lupinen hinterm Haus.
Rehe,
der schlaue Fuchs kam bis auf den Hof.
In der Brunftzeit der röhrende Hirsch.
Nach vielen, vielen Jahren kehr ich zurück.
Wie hat sich nur alles verändert.
Kein altes Haus, keine alte Frau mehr.
Der alte Damm, den gibt’s auch nicht mehr.
Und trotzdem kam ich zurück.
Zurück an den Ort meiner Kinderzeit,
einem Platz voller Erinnerungen.
Elke Ferner Januar 2003